Ban Phaeng, Mekongufer.
Es heißt, unsere Demokratie wird bedroht von den Extremen. Die Zahlen geben Recht – und doch irren sie. Denn über 95 Prozent der politisch motivierten Straftaten in Deutschland sind keine Gewalttaten. Kein Blut, kein Angriff, kein Schrei. Nur Zahlen, Framing – und ihre Wirkung. Die Gewalt liegt nicht in der Tat – sondern in dem, was wir daraus machen.
Im Schatten des Statistiklichts tanzen Phantome: Gewalt, die messbar ist – und Gewalt, die gewertet wird. Eine politische Straftat ist nicht nur ein Eintrag in einer Tabelle, sie ist eine Erzählung über Macht, eine Entscheidung darüber, was zählt. Wer mit Zahlen spricht, kann täuschen, ohne zu lügen. Er muss nur die Asymmetrie zwischen Bedeutung und Darstellung wahren.
Ein Aufkleber mit Parole, ein abgerissenes Plakat, eine Facebook-Beleidigung – sie sind harmlos im Tun, aber schwer in der Deutung. Weil sie sich leicht zählen lassen, schwer aber einordnen. Und weil sie – einmal registriert – als Echo durch Debattenhallen hallen, die selbst kein Kriterium mehr haben außer Wiederholung.
Wenn die Statistik das politische Klima formen soll, ohne von den Menschen dahinter zu sprechen, entsteht ein Nebel. Was ist eine Bedrohung? Was ist nur Projektion? Was ist organisiert – und was einfach bloß dumm? Der Begriff „politisch motiviert“ verliert in diesem Nebel seinen juristischen Kern. Er wird zur rhetorischen Waffe.
Und doch: Irgendwann bröckelt das Vokabular. Die Worte, die nie zur Tat passten, reißen auf. Und was bleibt, ist ein unangenehmer Moment: der Moment der Demaskierung. Nicht laut. Nicht öffentlich. Nur im stillen Wissen, dass wir nicht falsch gezählt, sondern falsch verstanden haben.
Kommentar des Denkers:
Was wir fürchten, ist nicht immer das, was uns bedroht – sondern oft das, was wir statistisch zu fürchten gelernt haben. Wer Zahlen sieht, ohne Fragen zu stellen, sieht nicht – er übernimmt.
Ein letzter Satz, gesprochen von der Hüterin:
„Gerechtigkeit beginnt dort, wo wir unterscheiden lernen – zwischen Zahl und Bedeutung.“
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